McLaren wird disqualifiziert, was der Fahrer WM wieder enorme Spannung verleiht.
Nach Zandvoort hatte ich eine Debatte mit einem anderen Fan, der meinte, Oscar ist sicher Weltmeister, der Vorsprung ist zu groß – ich mahnte zur Vorsicht, denn in der Formel 1 kann es schnell gehen. Und nach der Pole von Norris in Vegas sagte ich selbst: Das wird er sich nicht mehr nehmen lassen, da muss schon echt was krasses passieren. Und es kam genauso. Beide McLaren wurden wegen zu dünner Unterbodenplatten disqualifiziert – das gleiche Schicksal wie Ferrari in China ereilte und ein ähnlicher Vorfall wie letztes Jahr mit George Russell, dessen Auto am Ende des Grand Prix zu leicht war. Nicht innerhalb der Regularien heißt, automatisch disqualifiziert. Eine andere Strafe gibt es nicht. Das ist vor allem hart für Norris, der im WM Kampf nun einen herben Dämpfer hinnehmen muss und Verstappen, der das Rennen ungefährdet gewinnen konnte ein riesiger Schub, denn er ist nun gleich auf mit Piastri und nur noch 24 Punkte entfernt. 58 Punkte sind noch zu holen, Norris kann zwar noch leicht verwalten, denn selbst wenn Max oder Oscar alles gewinnen, reichen ihm dritte Plätze. Er hätte dann sogar noch einen Puffer von 2 Punkten, könnte also im Sprint auch noch einen Platz schlechter ins Ziel kommen.
Das Beste sind aber die Kommentare auf Social Media: McLaren wird Betrüger genannt, andere geben der FIA die Schuld, die von Red Bull gekauft wurden. Auch 2021 beim Finale haben wir sowas gehört, ich kann die Entscheidung von damals aber nachvollziehen – keiner, außer vielleicht Mercedes und Fans – will eine WM hinter dem Safety Car enden sehen. Ich kann aber auch die Leute verstehen, die darauf pochen, dass man eben hätte alle Autos vorbeilassen müssen. So steht es in den Regeln und so muss es auch gemacht werden – aber ein wenig Flexibilität ist bei solchen Entscheidungen auch nicht verkehrt. Hier ist die Flexibilität aber im Regelwerk vorgesehen – es gibt einen Toleranzwert, auch dieser war unterschritten: Also ist die Disqualifikation natürlich komplett korrekt. Es wurde auch gefragt, ob Verstappen auch kontrolliert wurde – soweit ich mich erinnere, werden die Punkteränge auf jeden Fall überprüft und die hinteren Ränge stichprobenartig. Auch bei den einzelnen Sessions stehen die Autos öfter mal auf dem Prüfstand. Betrug ist dies auch nicht, denn es liegt einfach nur daran, dass man dank Regen und Roten Flaggen keine Longruns gefahren ist und somit keine Daten zum Verschleiß hatte. Der McLaren wird sehr tief gefahren, damit er über den Ground Effect Abtrieb erzeugt – Las Vegas ist eine sehr spezielle Strecke, ohne Daten von Longruns konnte man das Auto nicht ein wenig höher setzen. Man kann nun herkommen und sagen, McLaren hätte da auf Nummer sicher gehen sollen – hätten sie vielleicht auch machen sollen. Aber dann wäre eventuell halt nicht genug Speed dagewesen, auf einer sehr schnellen Strecke für einen Stadtkurs. Bevor das nun zu technisch wird: Wer sich das einmal genauer ansehen mag, die Kollegen von Motorsport-Total.com haben das gut erklärt.
Im Rennen hat Norris eigentlich alles richtig gemacht, er wollte am Start nicht zurückstecken und Max das Feld überlassen, hat sich dabei verschätzt und musste gleich zwei vorbeilassen. Und hätte man zum Ende nicht bemerkt, dass die Bodenplatte wahrscheinlich ein Problem sein wird, bzw. diese Skids die darauf angebracht sind, dann hätte Norris vielleicht auch noch Attacke machen können. Rangekommen wäre er sicher noch, aber ob er auch vorbeigekommen wäre, das steht nochmal auf einem anderen Blatt.
So oder so – das war ein gutes Rennen, welches für die letzten beiden Läufe nochmal ordentlich Pfeffer reinbringen wird. Max kann zwar immer noch nicht aus eigener Kraft WM werden und braucht Patzer vor allem von Norris. Aber in der Form, in der Piastri zuletzt war, ist er leider nur eine Statistik. Max ist jetzt eine größere Gefahr für Norris, als der Teamkollege. Und wir wissen auch, dass Max ein Fahrer ist, der auch mal 110% geben kann, wenn er eine Chance sieht.
Kleiner Nachtrag zu Social Media: Hab auch noch einen Beitrag gelesen, in dem McLaren kritisiert wurde, dass sie Piastri als er so weit vorne war, nicht unterstützt haben. Er war aber nur so weit vorne, weil Norris einen Motorschaden hatte. Und es waren nur 34 Punkte. Zu so einem Zeitpunkt, wo noch 9 Rennen und 3 Sprints, also 249 Punkte, auf dem Tisch liegen – da würde nur ein Trottel auf einen Fahrer setzen. Und es würde auch vollkommen im Gegensatz zu der bisherigen McLaren Philosophie stehen. Ich komme da immer wieder mit 2024 – denn das ist das beste Beispiel, da sich am Team nicht viel geändert hat. Vor dem GP von Ungarn hatte Norris 84 Punkte Rückstand auf Verstappen, Piastri 131. Das sind zwei gigantische Rückstände, die noch nie ein Fahrer aufgeholt hat, aber Norris war gut unterwegs. In Ungarn wurde trotzdem zurückgetauscht, was Lando 7 Punkte Aufholjagd auf Max kostete. Neuer Stand: Norris mit 76 Punkten Rückstand, Piastri mit 116. In Baku wurde Norris angewiesen, Perez aufzuhalten, damit er Oscar nicht gefährlich wird. Norris kam zwar vor Max ins Ziel, aber weiter vor ging es nicht. Am Ende waren es nur 2 Punkte aufgeholt. Und da reden heute immer noch Leute davon, dass McLaren Norris bevorzugt. Obwohl wir eine ganze Saison 2024 als Vergleichsmaterial haben. Genau einmal hat 2024 Oscar Norris vorbeigelassen, als er keine Chance mehr auf den Titel hatte.
Bild: Track Layout – Formula 1 Las Vegas Grand Prix
Disclaimer: In der letzten Saison habe ich auf YouTube den aktuellen Formel 1 Grand Prix kommentiert, dies ist aber mit immensem Zeitaufwand verbunden und da ich gerne über dieses Thema rede, mache ich es nun zumindest für den Rest der Saison einfach hier. Ich konzentriere mich dabei allerdings auf den WM-Kampf.